Theater Trinational

Theater Trinational
Bande knüpfen über den Rhein – Wer sind meine Nachbarn?
Dies war der Slogan, mit dem im Oktober 2012 das Theater Trinational seinen Auftakt hatte. Wie war es dazu gekommen und wer waren die Akteure?
Im September 2011 hatten wir als lose Theatergruppe von Menschen aus Freiburg beim Ebneter Kultursommer das „Hysterium“ aufgeführt. Unter den Zuschauern der ersten und einzigen Aufführung befand sich auch eine kleine Delegation des Weltbürgerhauses Mulhouse im Gefolge von Roger Winterhalter. Dieser war begeistert: „So etwas wollen wir auch haben!“ Und so fing er an, emsig nach Förderungsmöglichkeiten zu suchen, um ein gemeinsames Theaterprojekt mit dem Weltbürgerhaus auf französischer Seite, dem IGA aus Basel und Schwere(s)Los! aus Freiburg auf den Weg zu bringen.
Im Oktober 2012 war es endlich soweit, und es fanden sich etwa 25 Menschen ein, die durch Arbeitslosigkeit, psychische Erkrankung oder Wohnungslosigkeit nur erschwert Zugang zu Kunst und Kultur hatten.
Seither ist vieles geschehen und die Gruppe hat sich gewandelt, zeitweise auf wenige Köpfe zentriert, aber immer unbeirrt weiter gearbeitet.
So entstand im Sommer 2013 der SALTO Trinational, ein 45minütiges Stück in vielen Einzelsequenzen, immer mit deutsch-französischer Übersetzung oder digitalen Untertiteln. Es wurde sowohl in Basel als auch in Mulhouse und Freiburg aufgeführt. Wir stellten allerdings fest, dass es außerordentlich schwierig ist, mit einer mehrsprachigen Laiengruppe in monatlich stattfindenden Proben längere Stücke zu erarbeiten, und so beschlossen wir, kleinere Performances im Sinne des AgitProp zu Themen zu erarbeiten, die uns wichtig waren.

2014: Performance zur Wohnungsnot
Diese wurde unter anderem aufgeführt zum LIGA-Aktionstag „Armut bedroht alle“ der Wohlfahrtsverbände in Freiburg im Oktober. Im Vordergrund stand eine große Intervention mit 200 Regenschirmen, die jeweils 7 Haushalte auf der Notfallliste des Wohnungsamtes repräsentieren sollten. Im Jahr 2014 standen demnach 1.400 Haushalte auf dieser Liste, 2018 waren es bereits 1.800 Haushalte…..

2015: Performance zur Griechenlandkrise
Dieses Thema beschäftigte uns sehr, und wir stellten die Griechen schließlich dar als Galeerensklaven, die mit Geldscheinen geködert wurden zu konsumieren, während die Europäische Zentralbank als Domina den Ruderschlag vorgab. Dies war die letzte Performance, die wir zweisprachig mit Erzählerinnen begleiteten. Die späteren Stücke waren in der Sprache reduzierter, um die Bilder stärker in den Vordergrund zu rücken.

2016: Performance zur Flüchtlingswelle und Industrie 4.0
Da beide Themen vorgeschlagen wurden, kombinierten wir sie zu einem Stück von einem Flüchtling, der das rettende Europa erreicht, um von einem Sozialarbeiter-Roboter in Empfang genommen und durchgecheckt zu werden – nur um schlussendlich wieder mechanisch hinausbefördert zu werden. Die verschiedenen Roboter versinnbildlichten die oft frustrierenden bürokratischen Kreisläufe und Hindernisrennen, in die sich Geflüchtete oft unvermittelt verstrickt sehen. Die Verstrickung fand hier mittels der Stromkabel der Roboter statt.

2017: Murs – Wände
Eigentlich ein Grundthema unserer trinationalen Zusammenarbeit: Was ist eine Mauer? Dient sie, um mich zu schützen oder um mich abzugrenzen – oder um andere auszugrenzen? Will ich den Nachbarn jenseits der Mauer überhaupt sehen oder hören? Oder gar Kontakt? Parallel zu Inszenierung dieser Fragestellungen fand die Metamorphose des ewig Ausgegrenzten zum totalitären Ungeheuer statt, das die Massen anzieht und Verheerung bringt. Dieses Stück wurde anlässlich der Tagung von Solidarische Nachbarn/Voisins Solidaires im September in Mulhouse unter viel Beifall aufgeführt.

2018: ROFL*Rolling on Floor Laughing
Dank einer großzügigen Förderung des Landesministeriums für Soziales Baden-Württemberg hatten wir die Möglichkeit, das neue Projekt größer anzulegen mit häufigeren Proben – und einer neuen Gruppe von Teilnehmenden. Das neue Stück sollte inklusiv sein und allen Behinderungen zum Trotz ein Tanztheater werden.
In Kooperation mit der inklusiven Tanztheatergruppe Strandgut aus Basel und gemeinsam mit Rollifahrer/innen aus Freiburg (die französischen Kolleg/innen hatten in diesem Jahr keine Koordination) entwickelten wir über viele Sitzungen ein etwas abstrakteres Stück, das einem musikalischen Ablauf folgte und in dem zwei sehr unterschiedliche Gruppen aufeinander prallten: Die Träger/innen der Warnwesten, deren Anliegen Klarheit und Ordnung waren und die mit ihren Gießkannen ihrem ästhetischen Prinzip huldigten auf der einen Seite, auf der anderen Seite befanden sich schmuddelige Menschen im Malervlies, die noch dazu begeisterte Müllsammler/innen waren. Über mehrere Sequenzen trafen diese Gruppen aufeinander, verhedderten sich ineinander, bekämpften sich und flohen, um sich schließlich ihrer jeweiligen Tracht zu entledigen und sich als schlichte Menschen gegenüber zu treten. Das Stück variierten wir über das Jahr für mehrere Aufführungen in Freiburg, Basel und Mulhouse und entwickelten dann sogar für den 21. Dezember ein „Weihnachtsversion“ mit Weihnachtskaufrausch.

2019: Die Einzig Artigen
Immer noch in Wartestellung, was unsere französischen Kolleg/innen anbelangt, und von Schweizer Seite wegen Erkrankung und anderweitigen Engagements stark reduziert, hat sich die Freiburger Gruppe im Hinblick auf das bevorstehende Stadtjubiläum neu sortiert und sich vorgenommen, die nächsten 900 Jahre barrierefrei in Freiburg planerisch in die Hand zu nehmen.
Im Juli 2019 waren wir erstmals auf der Bühne bei Lampedusa Calling mit einem Stück, das wieder viel mehr Sprache einbezog. Dies war der Initiative einer unserer Teilnehmerinnen zu verdanken, die große Lust hatte, Sprechszenen zu konzipieren und eigene Gedichte vorzutragen. So wurde dieses Stück vergleichsweise wieder länger als seine Vorgänger und vereinte Lied, Tanz, Deklamation und Theater in einem. Auch hier stand das Menschsein trotz Wohnungslosigkeit, Behinderung, Erkrankung oder Reichtum im Vordergrund.
Mittlerweile sind wir auf der Recherche bezüglich der Barrierefreiheit in Freiburg. Das kann bedeuten, dass wir mal zusammen alle so genannten barrierefreien Toiletten ausprobieren, die in der Innenstadt zu finden sind, oder wir prüfen, ob wirklich alle von uns problemlos in die städtischen Museen kommen – und wohin überall dort drin. Wir freuen uns über weitere Spielfreudige, die Lust haben, dem Anschein der Inklusion in unserer Stadt ein bisschen auf den Zahn zu fühlen.
Kontakt: Maren Moormann, Tel. 0761-507502, verein@schwere-s-los.de

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